Der Koi Konditionierung im Herbst kommt die wohl größte Bedeutung für
eine erfolgreiche Überwinterung zu, in diesem Beitrag erfahren sie mehr
dazu von Frau Dr. vet. Lechleiter.
Koifütterung und Koihaltung im Herbst:
Ab September gilt es: Konditionierung für den Winter
Mit den kürzer werdenden Tagen im September und bereits deutlicher
Abkühlung der Temperaturen in der Nacht beginnt für Koi die Zeit der
Auffüllung der Fettreserven für den Winter. Wachstum ist nun nicht mehr
das Hauptziel, sondern es geht darum, die Fische so zu versorgen, daß
sie auch in fischunfreundlichen, langen Wintern genügend Reserven zur
Verfügung haben und mit ausreichenden Vorräten aus der Winterruhe
aufwachen.
Der Winter 2000/2001 hat viele Koi Leben oder Gesundheit gekostet, weshalb es vor
dem kommenden Winter aus unserer Sicht nötig wird, ein paar der alten
Regeln einmal genauer unter die Lupe zu nehmen:
Ab 10°C und darunter darf man nicht mehr füttern?
Diese Aussage hört und liest man allenthalben, weshalb wir uns gleich am Anfang dieses Artikels damit befassen müssen.
Die Gründe für diesen gut gemeinten Rat :
Koi als wechselwarme Tiere haben unter 10 °C einen sehr langsamen
Stoffwechsel, die Verdauung und Nährstoffverarbeitung dauern sehr
lange. Immer wieder wird von der Gefahr gesprochen, daß das Futter im
Darm liegen bleibt und dort unverdaut vor sich vergammelt.
Die Filterbakterien „schlafen“ unter 10°C und sorgen daher nicht mehr für
einen ausreichenden Abbau von Ammoniak und Nitrit. Es besteht folglich
bei der Fütterung bei kühlen Temperaturen die Gefahr, daß die
Wasserwerte sich schnell verschlechtern und den Koi gefährlich werden.
Im Herbst und Winter denkt man leider nicht mehr so häufig an
Wasseruntersuchung oder Wasserwechsel, vor allem, wenn es draußen das
Wetter schlecht ist.
Richtig ist zweifellos, daß die Verdauung bei kühlen Temperaturen sehr langsam
geht. Daher muß man die Futtermengen und die Zahl der Fütterungen den
Wassertemperaturen und der Aktivität der Fische anpassen. Das bedeutet
bei:
15-18°C Wassertemperatur:
1-3 Futtergaben eines geeigneten Futters am Tag, insgesamt am Tag ca. 0,5% des Lebendgewichts
10-15 °C Wassertemperatur:
Nur noch 1 Futtergabe weit unter 0,5% des Lebendgewichtes von einem wintertauglichen Futter (siehe unten) am Tag,
unter 10 °C Wassertemperatur:
nicht mehr täglich füttern, sondern alle 2-3 Tage ein paar wenige Pellets pro
Fisch, wenn die Koi noch schwimmen und aktiv sind und fressen wollen.
Wasserwerte einmal pro Woche kontrollieren (Ammoniak, pH und Nitrit)
Wenn kalte Nächte kommen, nicht mehr am Abend füttern, sondern nur noch am Tage.
Das ist das Entscheidende: Nicht die Wassertemperatur alleine gibt den
Ausschlag, ob überhaupt gefüttert wird, sondern das Verhalten der
Fische, der Witterung (Tag/Nachtzyklus) und die Wasserwerte! Aktivität
bedeutet Energieverbrauch, daher sollte man Koi nie für 6 Monate ohne
Futter lassen, wenn sie schwimmen und nach Nahrung suchen. Der
Energieverlust beim Aufwachen im Winter ist enorm und die Ursache für
schwere Gesundheitsprobleme spätestens im Frühjahr.
Das ideale Winterfutter ist Weizenkeimfutter ?
Das
Thema Koifutter hat uns bereits in den vergangenen Ausgaben
beschäftigt. Zweifellos kommt der Nährstoffzusammensetzung des
Koifutters eine zentrale Rolle bei der Herbstkonditionierung zu.
Angeblich können Koi bei kühlen Temperaturen überwiegend von Eiweiß und
Kohlehydraten leben, das wird zumindest immer wieder von japanischen
Futtermittelherstellern in den einschlägigen Fachzeitschriften
behauptet. Das ideale Winterfutter sei daher Weizenkeimfutter…
…wenn man hinzufügt, das ideale Winterfutter, „das es auf dem Markt zu kaufen gibt“.
Was überhaupt nicht stimmt: Bei kälteren Wassertemperaturen sind es gerade
die Fischöle, die am schnellsten verdaut werden können und die als
Energieträger am wertvollsten sind. Kohlehydrate können kaum vernünftig
genutzt werden, Eiweiß nur langsam und unter zusätzlicher Aufwendung
von Energiereserven, mit der Konsequenz der erhöhten Ammoniakbelastung
der Kiemen!
Leider haben sich zentrale Erkenntnisse aus der Karpfenfütterung noch nicht
ausreichend durchsetzen können, denn sonst gäbe es wesentlich
fettreicheres Koifutter für den Herbst und Winter. Das Problem der
Lagerung dieser fettreichen Futtermittel ist bekannt und hindert wohl
auch europäische Futtermittellieferanten daran, derartige Futter auf
den Markt zu bringen.
Daher gilt für den Koifreund im Herbst noch immer:
Fügen Sie der Futterration einer Woche ein bis zwei Eßlöffel Fischöl
(Lebertran, Apotheke oder Tierarzt) zu. Vorher kann man zum Beispiel
Vitamin C (Ascorbinsäure), Vitamin/Mineralstoffmischungen oder auch
Immunstimulantien (ErgosanÒ, EchinacinÒ, Propolis oder andere)
hinzufügen, danach erst kommt der Lebertran drüber und alles wird gut
durchgemischt und kühl und dunkel gelagert.
Es gibt erste Hinweise darauf, daß sich am Futtermittelmarkt etwas ändert:
Schön wäre es, wenn die Hersteller kommerzieller Karpfenfutter endlich
den Koi als Markt entdecken würden, da das Fütterungs-Know-how in
Europa mit Sicherheit ein höheres Niveau hat als in Japan.
Bei der Auswahl des geeigneten Herbstfutters sollten Sie auf zwei Dinge
besonders achten: Es sollte so frisch wie nur möglich sein oder
ausreichend mit Vitaminzusätzen aufgewertet werden. Und es sollte
deutlich unter 36% Eiweißgehalt aufweisen. Der richtige Fettgehalt bei
32% Eiweiß läge dann zwischen 12 und 18% Fett. Ein frisches
Weizenkeimfutter mit Lebertran aufgefettet ist also derzeit durchaus
ein geeignetes Herbst- und Winterfutter.
Kein Problem für gesunde Koi: Ein bis drei Monate bei 4-6 °C am Teichboden
liegend (in Winterruhe) bei guten Wasserwerten und guter
Herbstkonditionierung hungern.
Teichtemperaturen: Heizen oder nicht heizen?
Ganz anders sieht es aus in den derzeit überwiegend warmen Wintern.
Aktivität löst Winterruhe ab, bei Kältestürzen werden eben noch aktive
Fische plötzlich abgekühlt, dann wieder kommen sonnige Tage, an denen
nahezu Frühlingstemperaturen herrschen und das alles innerhalb von
wenigen Wochen. Dazwischen haben wir Außentemperaturen von -5 und 10°C.
Die gefährlichsten Temperaturen liegen zwischen 8-12 °C !
Der Stoffwechsel der Fische funktioniert noch sehr träge, sie sind aber
aktiv und schwimmen und scheiden daher auch ohne Futter bereits
nennenswerte Ammoniakmengen aus . Das Immunsystem läuft noch praktisch
gar nicht, Parasiten vermehren sich alle schon sehr gut (am besten wohl
Gyrodactylus, aber auch Ichthyophthirius multifiliis!). Die
Filterbakterien sind noch sehr untätig und können sich auch noch nicht
richtig vermehren.
Auch die Temperatur als zentraler Motor der wechselwarmen Koi ist an dieser
Stelle schon häufig ein Thema gewesen. Dennoch und gerade weil es sich
um ein existenzielles Thema für die Koigesundheit handelt, darf ein
Blick auf die Temperatuen beim Thema Herbstkonditionierung nicht fehlen:
Verdauung, Immunsystem, Laichbildung, Energieverbrauch, Ammoniakausscheidung und
die gesamte Fischkondition (Überlebensfähigkeit) hängen engstens mit
den Teichtemperaturen, bzw. ihrem Verlauf zusammen.
Ein gefährlicher Irrtum: Winterharte Koi aus Nordjapan (Niigatagebirge):
Das pazifische Klima dort führt zu einem ganz anders Temperaturverlauf bei
uns im Winter: Ein Dreivierteljahr ist es sonnig und warm, dann wird es
schnell eisig kalt und verschneit, nach drei Monaten wird es schnell
wieder sonnig und warm. Wie schon angedeutet sind für einen gesunden
und entsprechend vorbereiteten Koi drei Monate Winterruhe kein Problem.
Schwierig zu meistern dagegen sind die bei uns herrschenden
Temperaturschwankungen, vor allen die Tag-/Nachtschwankungen im Herbst
und Frühjahr.
Daraus kann geschlossen werden, daß alle Maßnahmen, die dazu führen, die
Teichtemperaturen möglichst konstant zu halten (Schwankungen von 2 Grad
im Tag-/Nachtrhythmus sind natürlich erlaubt) von großem Wert für die
Gesunderhaltung von Koi sind.
Die Frage nach einer Teichheizung kann ich daher nur mit einem klaren Ja! beantworten.
Damit es keine Mißverständnisse gibt: Teichheizungen dienen nach meinem
Verständnis dazu, die Temperatur im Teich zu halten und ggfs. im Herbst
und Frühling den gefährlichen Temperaturbereich von 8-12°C schnell zu
überwinden.
Zur Teichheizung gehören auch alle Maßnahmen, die das Auskühlen verhindern: Isolierung
von Teich, Rohren und Filteranlage, Luftpumpen, die warme Luft in das
Wasser einbringen, Ausschalten von Wasserfällen und -läufen in der
Nacht, Teichabdeckungen aller denkbaren Art.
Und wenn der Winter dann eben doch nicht zu den Ruhetemperaturen von 4-6°C
führt , dann muß eben leicht und mit Augenmaß gefüttert und wenn nötig
auch Wasser gewechselt werden.
Soweit es sich nicht um „portable“ Außenfilter handelt, die im Winter
praktisch zwangsläufig zufrieren, rate ich dazu, die Filteranlagen den
Winter durchlaufen zu lassen. Zweite Bedingung ist, daß die Fische im
Teich eine Ruhezone finden, die maximal eine schwache Strömung
aufweist. Wenn der tiefste Punkt der Bodenablauf ist, und die Pumpe,
die das Wasser umwälzt, nicht gedrosselt werden kann und somit die Koi
keinen Platz zur Ruhe finden können, kann das Ausschalten der
Filteranlage manchmal das Beste für die Fische sein. Ratschläge zu
diesem Thema kann man folglich nicht pauschal, sondern nur im
Einzelfall geben.
Teichhygiene und Parasitenkuren
Vor allen flüssigen Mitteln, die „Teichhygiene“ zum Ziel haben, sollte im
Herbst eine gründliche Rohr-, Filter- und Teichbodenreinigung
durchgeführt werden. An einem warmen Tag kann man dann sogar auch mal
die Biofiltermedien mit Teichwaser auswaschen und die Kammern
entschlammen. Vergessen Sie nicht, Ihre Bodenablaufrohre einmal
gründlich durchzupusten! Blätter neigen dazu, diese über den Winter
zuzusetzen, was im Frühling manchmal zu erschreckenden Resultaten
führt. Die Überwinterungsplätze von Koi sollten schlammfrei und
glattwandig sein und einen Sichtschutz nach oben haben.
Wenn dann Teich und Teichpflanzen für den Winter vorbereitet sind, kann man
sich überlegen, ob eine kombinierte Parasitenkur gegen Einzeller
(Präparaten aus dem Handel) und Würmer (Tierarzt!) erforderlich ist.
Die Teichtemperaturen sollten noch über 12°C liegen.
Aus meiner Sicht der beste Weg ist der, mittels Abstrichen von Haut- und
Kiemen nachzusehen, ob überhaupt etwas Bekämpfungswürdiges zu finden
ist. Danach kann man gezielt handeln. Der zweitbeste Weg ist über
prophylaktische Bäder, die dann aber im Herbst sicher noch wichtiger
sind als im Frühling.
Letztendlich sind diese Prophylaxemaßnahmen Geschmackssache und auch abhängig von
der Frage, ob Sie neue Fische im Sommer eingesetzt haben oder ob es
sich um einen schon x-mal durchbehandelten Altbestand handelt, ob
andere Fischarten (Goldfische, Moderlieschen etc.) vorhanden sind oder
ob es sich um einen eher naturnah gestalteten Teich mit viel Bodengrund
handelt oder, oder, oder.
Biologie ist eben anders als Autos reparieren. Lassen Sie sich in diesem Fragen
von einem Fachmann Ihres Vertrauens, der Ihre individuellen
Verhältnisse kennt, beraten!
Und mein letzter Rat für den Herbst ist: Die verlockenden Sonderangebote
bei Koihändlern (ich denke an den Kauf von Fischen) sollten entweder
spätestens den August in Ihrem Teich erlebt haben oder in einer
Innenhälterung überwintern. Die wichtigen Reserven für einen Winter im
(ungeheizten) Teich noch im Oktober oder November in den Fisch
reinzubekommen halte ich für eine Illusion.
Autor: Dr. vet. Sandra Lechleiter