Neue Erkenntnisse zur KHV-Erkrankung der Karpfen“ stellte Dr. P. Scheinert vom Fischgesundheitsdienst Bayern in Grub vor.
ein, wo sie sich vermehren. Typisch für die Viren der Herpesfamilie
ist, dass sie nach einer überstandenen Infektion nicht vollständig aus
dem Körper verschwinden. Sie gehen in ein Latenzstadium über und können
so im Organismus überleben. Wenn sie dann z. B. durch Stress
reaktiviert werden, kommt es zu einer meist abgemilderten Erkrankung.
Bei den Cypriniden war bis vor wenigen Jahren nur ein einziger Vertreter
der Herpesviren relevant, das Herpesvirus cyprini CHV, Erreger der
Karpfenpocken. Vermutlich hat sich das KHV von Israel aus durch den
globalen Zierfischhandel weltweit verbreitet. Es wird oral aufgenommen
und gelangt über den Magen-Darmkanal innerhalb von 3-10 Tagen über
Leukozyten im Blut in die Niere. Ab dem 7. Tag nach der Aufnahme kann
die Ausscheidung über die Niere oder auch über den Hautschleim
erfolgen. Die Übertragung durch mit Schleim kontaminierte Gerätschaften
und Behälter stellt eine besondere Gefahr dar. Innerhalb weniger Tage
kommt es zum Massensterben aller Altersklassen.
Wie fast alle fischpathogenen Viren zeigt das KHV ein temperaturabhängiges
Aktivitätsmaximum, das bei Wassertemperaturen von 17-26 °C liegt. Die
Verbreitung und Übertragung erfolgt in erster Linie durch Neuzukauf
äußerlich gesunder, jedoch latent infizierter Fische, sogenannte
Carrier. Diese Fische haben den Erstkontakt überlebt und können
vermutlich zeitlebens das Virus beherbergen und phasenweise
verbreiten, ohne dass sie selbst erkranken. Der Nachweis des KHV im
akuten Krankheitsgeschehen ist inzwischen routinemäßig sehr gut
möglich. Die Methode der Wahl ist die Identifizierung von Virus-DNA
aus Organproben, aber auch aus Blut mittels PCR, kombiniert mit
klinischen und histologischen Untersuchungen.
In den Jahren 2004 und 2005 konnten durch den FGD in Bayern jeweils von Juli
bis Ende September drei Fälle einer KHV-Infektion in Karpfenbetrieben
nachgewiesen werden. Bei untersuchten Beifischarten (Brachsen,
Rotfedern, Rotaugen) und in Freigewässern wurde das Virus bis jetzt
noch nicht nachgewiesen. Eine medikamentöse Behandlung ist nicht
möglich. Die einzig sinnvolle Maßnahme zur Bekämpfung dieser
Fischseuche stellt die konsequente Vermeidung der Einschleppung in den
Bestand dar. Sicherheit bringt nur der Zukauf von KHV-freien
Beständen, Quarantäne mit Pilotfischen und strikte Einhaltung von
Desinfektionsmaßnahmen sowie regelmäßige Kontrolluntersuchungen.
Im Falle eines gesicherten positiven Nachweises
sollte aus tierseuchenhygienischer Sicht eine Tötung des Bestandes
erfolgen. Teiche und Haltungssysteme sollten geleert und desinfiziert
werden und mindestens zwei Monate trocken stehen. Erst danach kann ein
Wiederbesatz erfolgen. Keinesfalls sollten erkrankte Fische
weitergegeben oder verkauft werden.
Sogenannte Naturally Immune Fische (NIF) aus Israel, die gemeinsam mit erkrankten
Fischen gehalten werden und daher eine natürliche Immunität aufbauen,
sind abzulehnen, da es der stillen Einschleppung und Verbreitung der
Seuche Türund Tor öffnet. Weitere Forschungen zur Erkrankung, Diagnostik und zur
Entwicklung eines zuverlässigen, standardisierten und in der Praxis
einsetzbaren Tests sind dringend erforderlich. Das KHV-Problem kann
darüber hinaus nur in enger Zusammenarbeit aller in der Fischerei
Verantwortlichen und Tätigen bekämpft werden.
Gelesen in Fischer & Teichwirt 7/2006